Investieren mit 50: Zu spät, um jetzt noch mit ETF anzufangen?

Veröffentlicht am Kategorisiert in ETF und Börse
Investieren mit 50: Zu spät, um jetzt noch anzufangen?

Auch wenn ich es nur ungern zugebe, aber so langsam gehe auch ich auf die 50 zu. 50 klang früher unvorstellbar alt, aber so fühlt es sich irgendwie gar nicht mehr so schlimm an, jetzt, wo es nicht mehr allzu weit hin ist.

Aber was ist, wenn man 50 ist und bis jetzt noch nie investiert hat: Ist es dann nicht vielleicht schon zu spät dafür, in ETF zu investieren?

Meine kurze Antwort darauf ist: Nein, es ist nicht zu spät.

Aber Du solltest ein paar Dinge zu beachten, wenn Du in Deiner zweiten Lebenshälfte mit dem Investieren anfangen möchtest.

Warum es mit 50 nicht zu spät ist, mit dem Investieren zu starten

Wer heute 50 ist, hat rein rechnerisch noch etwa 30 Jahre zu leben. Um es ganz genau zu sagen: Männer haben eine Lebenserwartung von 29,9 Jahren, Frauen mit 34,2 Jahren ein paar Jahre mehr (Quelle: Statista, Stand: 24.09.2024)

30+ Jahre ist ein guter Zeitraum, um darüber nachzudenken, doch noch an die Börse zu gehen. Warum? Weil man idealerweise mindestens 15 Jahre Zeit mitbringen sollte, bevor man sein Geld an der Börse investiert.

Wer heute 50 ist, ist 1974 geboren. Das gesetzliche Renteneintrittsalter für diesen Jahrgang ist 67. Es bleiben also rein rechnerisch noch mindestens 17 Jahre bis zur Rente.

Warum sollten es mindestens 15 Jahre sein? Vereinfacht gesagt: je länger man an der Börse investiert ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass man mit seinem Investment kein Geld verliert. Und Du gibst dem Zinseszinseffekt immer noch genug Zeit, um seine exponentielle Wirkung zu entfalten.

Im Zeitraum zwischen 1970 und 2023 (das sind immerhin 43 Jahre) war es eben so, dass man in keinem 15-Jahres-Zeitraum Geld verloren hätte, zumindest wenn man in einen breit gestreuten ETF auf den MSCI World investiert hätte.

Und hier kommen nur ein paar der Börsencrashs, die in diesem Zeitraum passiert sind:

  • Börsencrash von 1987
  • Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000
  • Globale Finanzkrise von 2007 bis 2008
  • Corona-Crash in 2020

Wichtig: Wer langfristig an der Börse investiert, kann trotz aller Börsencrashs mit Renditen zwischen 6 und 8% pro Jahr rechnen.

Plus: Wenn Du in Rente gehst, wirst Du vermutlich nicht das gesamte investierte Geld sofort benötigen. Du wirst es vermutlich in mehreren Tranchen entnehmen, zum Beispiel alle paar Monate oder einmal pro Jahr.

Also halten wir für den Moment fest: Es lohnt sich auch noch mit 50, an der Börse zu investieren.

Was kann ich als Ergebnis erwarten, wenn ich mit 50 anfange zu investieren?

Die kurze Antwort auf diese Frage ist: Das kommt darauf an!

Es kommt darauf an, ob Du bei 0€ startest, wie viel Du monatlich investieren kannst und ob Du den gesamten Sparbetrag an die Börse geben möchtest oder auch einen Teil auf eine 100% sichere Anlageform verteilen möchtest.

Um das ganze zu veranschaulichen, hier ein paar Rechenbeispiele. Bei allen Rechenbeispielen bin ich von diesen Vorgaben ausgegangen:

  • Zwischen 50 und 67 Jahren (also von heute bis zum offiziellen Renteneintritt) wird monatlich der angegebene Betrag investiert.
  • Wir gehen außerdem von einer Rendite von 7% pro Jahr aus. Das ist das, was man langfristig gesehen im Durchschnitt von einem breit gestreuten Aktien ETF wie dem MSCI World oder auch dem Vanguard Developed World erwarten kann.
  • Für jedes Beispiel werde ich ebenfalls zeigen, um wie viel Euro pro Monat man seine Rente mit dem Kapital aufbessern könnte. Diese Berechnung beruht auf der 4%-Regel gemäß der Trinity-Studie. Diese Regel besagt, dass man von seinem Depot 4% pro Jahr entnehmen kann und dann für mindestens 30 Jahre sein Depot nicht auf null fährt. Und da wir zum Start des Entnahmezeitpunkts mit 67 Jahren noch deutlich weniger statistische Rest-Lebenserwartung haben, könnte man genaugenommen sogar mehr als 4% pro Jahr entnehmen.
  • Alle Berechnungen habe ich mit dem Finanzfluss-Sparplanrechner durchgeführt, Zinsintervall: jährlich.

Wichtig: Diese Berechnung ist ohne Berücksichtigung von Steuern (in Deutschland wird auf Kapitalerträge wie z.B. Zinsen, Ausschüttungen eines ETF und auch Kursgewinne die sog. Kapitalertragssteuer fällig)

0€ Startkapital, 250€ Sparrate pro Monat

Nehmen wir an, Du startest bei null und kannst 250€ pro Monat investieren, die komplett in einen Aktien-ETF fließen.

Hier die Zahlen:

  • Einzahlungen: 51.000€
  • Gewinne durch Kursgewinne und Ausschüttungen: 44.452,76€
  • Endkapital: 95.452,76€

Das eingesetzte Geld würde sich durch den Zinseszinseffekt nahezu verdoppeln!

Mit diesem Betrag könntest Du Deine monatliche Rente aufbessern: 318€. (Rechenweg: 95.452,76 * 4% = 3.818,11€ pro Jahr, geteilt durch 12 Monate = 318,17€)

Anleitung ETF Sparplan anlegen in 4 Schritten

10.000€ Startkapital, 250€ Sparrate pro Monat

Nehmen wir an, Du hast bereits 10.000€ angespart und kannst zusätzlich 250€ pro Monat investieren, die komplett in einen Aktien-ETF fließen. Die 10.000€ werden einmalig und komplett am Start an der Börse investiert.

Hier die Zahlen:

  • Einzahlungen: 61.000€
  • Gewinne durch Kursgewinne und Ausschüttungen: 66.040,92€
  • Endkapital: 127.040,92€

Das eingesetzte Geld würde sich durch das vorhandene Startkapital mehr als verdoppeln!

Mit diesem Betrag könntest Du Deine monatliche Rente aufbessern: 423€. (Rechenweg: 127.040,92€ * 4% = 5.081,63€ pro Jahr, geteilt durch 12 Monate = 423,47€)

0€ Startkapital, 500€ Sparrate pro Monat

Nehmen wir an, Du startest bei null und kannst 500€ pro Monat investieren, die komplett in einen Aktien-ETF fließen.

Hier die Zahlen:

  • Einzahlungen: 102.000€
  • Gewinne durch Kursgewinne und Ausschüttungen: 88.905,53€
  • Endkapital: 190.905,53€

Das eingesetzte Geld wird sich voraussichtlich auch hier fast verdoppeln!

Mit diesem Betrag könntest Du Deine monatliche Rente aufbessern: 636€. (Rechenweg: 190.905,53€ * 4% = 7.636,22€ pro Jahr, geteilt durch 12 Monate = 636,35€)

Was sollte ich beachten, wenn ich mit 50 anfange zu investieren?

Die eben genannten Rechenbeispiele gehen davon aus, dass die gesamte Sparrate in einen Aktien-ETF geht. Das solltest Du natürlich nur dann so machen, wenn Du Dich wohl damit fühlst und nachts ruhig schlafen kannst.

Warum? Ich kann Dir die oben genannten Renditen leider nicht versprechen (ich kann nur berichten, was in der Vergangenheit realistisch war). Aber was ich Dir versprechen kann: Es wird in den nächsten 17 Jahren mehrmals an der Börse ordentlich ruckeln. Und mit ruckeln meine ich Korrekturen (damit ist alles bis -10% Kursverluste gemeint) oder sogar Börsencrashs (alles ab -20% Kursverluste).

Wer in so einem Moment die Nerven verliert und seine ETF verkauft, macht im schlimmsten Fall Verlust und kann auch nicht mit den oben genannten Beträgen rechnen.

Ermittle Deine persönliche Risikobereitschaft

Was also tun? Es gilt, Deine eigene Risikobereitschaft zu hinterfragen und ehrlich zu ermitteln. Ein Hilfsmittel hierfür könnte das Magische Dreieck der Geldanlage sein (hier findest Du meinen Artikel dazu).

Nachdem Du Deine persönliche Risikobereitschaft ermittelt hast, solltest Du festlegen, wie viel von Deiner Sparrate tatsächlich an die Börse soll und wie viel Du ggf. in sichere Anlageformen wie zum Beispiel Tagesgeld stecken möchtest.

Es gibt auch eine grobe Daumenregel, die besagt, dass man 100 minus Lebensalter als Aktienquote haben sollte. Das würde heißen, wenn Du 50 Jahre alt bist, dass du 50% Deiner Sparrate in sichere Anlageformen steckst und 50% an der Börse. Und pro Jahr wird es dann weniger, bis zu mit 67 bei 33% Aktienquote bist.

Du darfst allerdings nicht vergessen, dass gemäß dem Magischen Dreieck der Geldanlage sichere Anlageformen weniger Rendite bringen. Es gilt hier also sorgfältig abzuwägen, ob man diese Formel anwenden möchte.

Mein Fazit

Wer noch mehr als 15 Jahre Zeit hat, um sein Geld für sich arbeiten zu lassen, der kann beruhigt an die Börse gehen. Und wenn Du heute 50 bist, hast Du rein rechnerisch noch 17 Jahre bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter. Und Du benötigst wahrscheinlich nicht das komplette Geld auf einmal.

Du solltest dabei allerdings Deine persönliche Risikobereitschaft besonders sorgfältig hinterfragen und nicht auf Teufel komm raus all Dein Geld an der Börse investieren, wenn Du damit nicht ruhig schlafen kannst.

Ich für meinen Teil gebe aktuell unsere komplette monatliche Sparrate an die Börse und kann damit ganz wunderbar schlafen. Aber ich habe auch eine Weile gebraucht, um die für uns ideale Zusammensetzung unseres Depots herauszufinden (hier ist der dazugehörige Artikel). Und ja, zwischendurch war mit dann auch manchmal etwas mulmig, weil ich zu viel Geld in Einzelaktien anstatt in breit gestreute ETF gesteckt hatte.

Mein aktueller Plan ist, etwa 5 Jahre vor dem Renteneintritt den Anteil an sicheren Anlageformen zu erhöhen, um so Schwankungen an der Börse besser kompensieren zu können und währenddessen auf das sicher geparkte Geld zuzugreifen. Aber das ist meine Strategie. Und ich kann damit nachts gut schlafen.

Wenn Du Unterstützung möchtest, um Deine persönliche Risikobereitschaft und Deine Anlagestrategie zu entwickeln, dann findest Du hier alle Informationen zu meinem 1:1-Coaching.

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Alle Artikel auf CoastingtoFIRE.de stellen keine Anlageberatung oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar (§ 85 WpHG). Sie dienen lediglich der allgemeinen und unverbindlichen Information. Es findet keinerlei Anlageberatung statt. Es wird zu keinem Zeitpunkt eine Empfehlung für eine bestimmte Anlagestrategie abgegeben. 

Der Kauf von Aktien und ETF ist mit Risiken bis hin zum Totalverlust behaftet. Investitionsentscheidungen sollten niemals nur auf Basis von Informationsangeboten dieser Seite getroffen werden.

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