Die Bedeutung von Diversifikation am Beispiel der Credit Suisse

Veröffentlicht am Kategorisiert in Investieren an der Börse
Börsenkurse laufen an einer Tafel durch

Zuletzt aktualisiert am 7. November 2023 von Mrs. Coasting to FIRE

Wenn man sich mit Geldanlage im Allgemeinen und Investieren an der Börse im Speziellen beschäftigt, hört man immer wieder, dass man diversifizieren soll. Aber was ist Diversifikation überhaupt? Und kann man mit nur einem ETF ausreichend diversifiziert sein? Das und warum Diversifikation so wichtig ist, erkläre ich dir hier. An einem aktuellen Beispiel aus den Nachrichten, dem Zusammenbruch der Schweizer Traditionsbank Credit Suisse.

Was ist Diversifikation?

Wikipedia definiert Diversifikation im Bereich Geldanlage so: „Vermeidung eines möglichen Totalverlustes durch gleichzeitiges Investieren von Teilbeträgen in alternative, unterschiedlich riskante Anlageformen, so dass das Gesamtvermögen in diverse Finanzprodukte gestreut wird. Der gewünschte Effekt der Risikominderung wird dadurch bewirkt, dass zwei oder mehr Wertpapiere, die untereinander eine niedrige Korrelation aufweisen, miteinander in einem Portfolio kombiniert werden.“ 

Anders gesagt: man sollte nicht alles auf eine Karte setzen.

Wie diversifiziert man?

Wie genau kann das nun aussehen? Wenn man einen Betrag X zum Investieren zur Verfügung hat, sollte man darauf achten, dieses Geld gut zu verteilen. Wie genau die Verteilung aussieht, hängt von der persönlichen Investmentstrategie und -philosophie und der persönlichen Risikoneigung ab.

Es gibt also kein Richtig oder Falsch! Jeder muss den für sich richtigen Weg und die richtige Verteilung finden, mit dem er oder sie sich wohlfühlt.

Wie oben erwähnt, kombiniert man im besten Fall verschiedene Anlageklassen, das könnten zum Beispiel sein: Tagesgeld, Festgeld, Anleihe- und Aktien-ETF, Staats- oder Unternehmensanleihen, Einzelaktien, Bundesschatzbriefe, Kryptowährungen usw.

Die Idee dahinter ist, dass verschiedene Anlageklassen verschiedene Renditen und Risiken aufweisen. Im besten Fall erhält man so ein stabileres Depot, egal was die Börse gerade macht.

Man sollte sich auch bewußt sein, dass man durch risikoärmere Anlageklassen ggf. in Hochzeiten auf Rendite verzichtet, dafür aber vermutlich in Zeiten eines Börsenabschwungs weniger Buchverluste im Depot hat.

„100 minus Lebensalter“ und warum ich diese Regel ignoriere

In der Finanzwelt schwirrt eine „Regel“ durch den Raum, dass der Anteil an Aktien maximal 100 – Lebensalter sein sollte. Der Rest des Portfolios sollten dann risikoarme Anlageformen wie Festgeld, Staatsanleihen oder ähnliches sein.

Wenn ich mich für unser Coasting to FIRE-Depot an diese Regel halten würde, hätten wir einen Aktienanteil von nur etwas über 50%. Der Rest des Geldes läge in risikoarmen Anlageformen, die zwar inzwischen wieder verzinst werden, aber nach Abzug der Inflation trotzdem an Wert verlieren. Und das bei einem Anlagehorizont von mindestens 20 Jahren. Was an der Börse ein eher längerer Zeitraum ist.

Ich gehe davon aus, dass 20 Jahre genug Zeit sind, eventuelle Börsencrashs auszusitzen und diese Zeit für günstige Nachkäufe zu nutzen. Ich für meinen Teil ignoriere diese „Regel“ daher und habe neben einem gut gefüllten Notgroschen einen Aktien-Anteil von 100%, wobei ich das Risiko durch einen hohen ETF-Anteil weiter begrenzt habe.

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Und was hat das jetzt alles mit der Credit Suisse zu tun?

Für den Fall, dass jemand es nicht mitbekommen hat: Die seit 1856 bestehende Credit Suisse wurde im März 2023 in einer Nacht- und Nebel-Aktion übers Wochenende von ihrem Konkurrenten UBS übernommen. Der Zusammenbruch kam allerdings nicht unbedingt überraschend, da sich die Probleme bei der Credit Suisse über Jahre aufgetürmt haben, wie man hier und hier nachlesen kann. Dem vorangegangen war der Zusammenbruch der kalifornischen Silicon Valley Bank, der die Angst vor einer erneuten weltweiten Finanzkrise schürte.

Was ich zum Thema ebenfalls wärmstens empfehlen kann: Meine liebe Bloggerkollegin Jenny aka Dagobert´s Nichte hat einen wunderbar recherchierten Artikel zum Thema Credit Suisse im Speziellen und Bankenkrisen im Allgemeinen zusammengestellt.

Wie man gut sehen kann, ist der Aktienkurs der Credit Suisse über Nacht massiv eingebrochen:

Chart der Credit Suisse (Quelle: Onvista App, Stand: 02.04.2023)

Nun stellen wir uns mal vor, die Credit Suisse hätte einen relativ hohen Anteil im Depot. Da hätte sich über Nacht (bzw. in dem Fall übers Wochenende) eine Position quasi in Luft aufgelöst. Rein rechnerisch betrachtet ist die Credit Suisse zwar kein Totalverlust, aber es kommt dem schon sehr nahe, je nachdem wie lange man schon Aktionär war:

Historische Performance der Credit Suisse (Quelle: Onvista App, Stand: 02.04.2023)

Man sollte sich also, wenn man in Einzelaktien oder andere risikobehaftete Produkte investiert, gut überlegen, wieviel Anteil eine einzige Position im Depot bekommt. Weil: wie man gut am Beispiel der Credit Suisse sehen kann, ist das Risiko des Totalverlustes bei Einzelaktien nicht nur ein rein theoretisches Risiko. Zum Glück kommt so ein Extremfall nicht häufig vor, aber er kommt eben vor.

Ich kenne Depots, da macht eine einzelne Aktie 20% oder mehr des gesamten Depots aus. Eine solch starke Konzentration kann gutgehen und einen starken Renditeboost im Depot geben, wenn man den richtigen Wert im Depot hat. Ich denke da an Werte wie Apple. Hier war es in den letzten Jahren eine gute Idee, eine hohe Gewichtung zu haben. Ich kenne aber auch Depots, wo Hello Fresh der größte Wert war, was zeitweise wie eine gute Idee aussah, inzwischen aber nicht mehr so sehr. Und es kann eben auch „nach hinten losgehen“, wie am Beispiel der Credit Suisse.

In unserem Coasting to FIRE-Depot ist der größte Einzelwert zum Beispiel Apple. Diese Position hatte per 31.12.2022 einen Anteil am Depot von etwas über 3%. Selbst wenn Apple morgen pleite gehen sollte (was ich persönlich für sehr, sehr unwahrscheinlich halte), würde es für uns nur einen minimalen Verlust beim Gesamtvermögen bedeuten.

Ist man mit einem ETF ausreichend diversifiziert?

Dazu kann ich nur sagen: das kommt darauf an!

Solange man in einen breit gestreuten ETF investiert (also entweder einen World-ETF auf die Industrieländer oder einen All-World-ETF, der neben Unternehmen aus den Industrieländern auch noch Unternehmen aus den Schwellenländern enthält), ist man auf jeden Fall auch mit einem ETF ausreichend diversifiziert. (Hier findest du übrigens meine 5 Tipps zur ETF-Auswahl)

In diesen ETF sind mindestens mehrere hundert Unternehmen enthalten, je nach ETF auch weit mehr als 1.000 Unternehmen. Wenn dann eines dieser Unternehmen pleite gehen sollte, wirkt sich das für den einzelnen Anleger nicht wirklich aus. Außerdem ersetzt der ETF dieses Unternehmen automatisch durch ein anderes Unternehmen.

Bei stark konzentrierten und wenig diversifizierten Branchen- und Themen-ETF sieht das dann schon anders aus. Da muss man sich die Zusammensetzung genau anschauen und sich genau überlegen, wieviel Risiko man eingehen will. Man kann diese zum Beispiel gezielt im Rahmen einer Core-Satellite-Strategie nutzen, ich würde aber vorsichtig damit sein, solchen Spezial-ETF einen zu großen Anteil im Depot einzuräumen.

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4 Kommentare

  1. Gut erklärt! ich finde es schön dass man mit den großen World-ETFs beim Thema Diversifikation schon gut aufgestellt ist und dadurch ein viel geringeres Risiko trägt, als wenn man in ein paar Dutzend Aktien investiert. Ich investiere daher auch zum Großteil in solche ETFs, habe aber auch ein paar Aktien und Themen-Fonds on top.

    liebe Grüße,
    Hanna

    1. Danke für dein Lob Hanna! 🙂 Und ja, im Grunde würde ein World-ETF ja ausreichen. Und vermutlich würde die Mehrzahl der Investoren damit auch noch eine bessere Rendite einfahren… aber seien wir mal ehrlich, wenn denn dann ein Spieltrieb da ist, kann man den ja auch gut mit ein paar Einzelwerten befriedigen. Investieren darf ja auch ruhig Spaß machen! 😉

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